Jobmessen wirken wie ein Relikt des analogen Zeitalters. Doch auch dort lassen sich wertvolle Kontakte knüpfen, wenn man die Absichten der Arbeitgeber versteht und sich selbst etwas vorbereitet.
Generationen hochmotivierter Arbeitsuchender haben es bereits erfahren müssen: Sie gehen bestvorbereitet auf Jobmessen, geschniegelt und gestriegelt, mit vollständigen Bewerbungsunterlagen und einstudierter Kurzvorstellung. Doch am Ende wirkt es oft so, als hätte sich das alles nicht gelohnt: Nur in seltenen Ausnahmen nehmen Unternehmensvertreter den Lebenslauf entgegen oder beenden das Gespräch mit einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Mit dieser Erwartungshaltung ist es dann kein Wunder, dass für manche Besucher die erste Jobmesse oft auch die letzte ihres Berufslebens ist.
Jobmessen sind Werbeveranstaltungen für Unternehmen und Organisationen
Wenn Sie sich für uns interessieren, schauen Sie auf unserer Webseite nach geeigneten Jobs und bewerben sich dann einfach online. So ähnlich wird die Weigerung, einen ausgedruckten Lebenslauf entgegenzunehmen, von den Unternehmensvertretern meist eingehegt. Denn dazu sind sie nicht da und wollen daran im Zeitalter zwingend notwendiger Datenschutzerklärungen auch nichts mehr ändern. Sie treibt es etwas anderes in die Jobmessen: Sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren – bei Arbeitsuchenden und anderen Unternehmen.
In der Werbung geht es praktisch nur darum, bekannt zu werden und bekannt zu bleiben. Ein Unternehmen, das weitgehend unbekannt ist, wird wohl kaum genügend Bewerbungen für offene Positionen erhalten. Und Jobmessen sind ein legitimer Weg, die eigene Bekanntheit zu erhöhen. Diese Absicht wird dann schick verpackt in die gängige Informationsvermittlung über betriebliche Tätigkeitsbereiche und Schwerpunkte, die generellen Bedarfe in der Stellenbesetzung, die Abläufe im Recruiting und das Aufzeigen perspektivischer Entwicklungsmöglichkeiten.
In aller Regel sind es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Personalabteilungen, manchmal auch aus dem Vertrieb, die ihren Arbeitgeber repräsentieren. Für sie ist die Teilnahme ein Erfolg, wenn
- sie qualitativ wie quantitativ gute Gespräche geführt haben
- sie sich nicht nur mit Arbeitsuchenden, sondern auch mit Kollegen anderer Unternehmen vernetzen konnten
- sich in den Monaten danach mehr Personen aus den Einzugsgebieten der Jobmessen bewerben
Entwickeln Sie Ihren individuellen Besuchsplan
Das scheint in der Tat nicht besonders besucherfreundlich zu sein. Jedenfalls bliebe dieser Personenkreis unter sich, würden die Veranstalter sogar noch Eintrittsgeld verlangen. Außerdem ähneln sich die Personalbedarfe bei den Arbeitgebern, vor allem in der Leiharbeitsbranche. Nur sind Erwerbstätige der gängigen Mangelberufe genau die Personengruppe, die man auf Jobmessen am seltensten antrifft. Bei Besuchern kann sich daher der Eindruck aufdrängen, dass das eigene Profil für den Arbeitsmarkt (gerade) nicht besonders attraktiv sei.
Trotzdem lohnt es sich hinzugehen! Und damit meine ich nicht nur die Vorteile, die allein damit zusammenhängen, sich selbst zu aktivieren, indem man sich unter Menschen begibt. Ein erfolgreicher Messebesuch bedarf jedoch eines klaren Plans, der übrigens auch für sämtliche Fachmessen gilt. Nicht einfach über Jobmessen schlendern, sondern sich im Ausstellerverzeichnis gezielt die Unternehmen herauspicken und besuchen, die ganz besonders interessant erscheinen.
Das Interesse ergibt sich durch einen groben Abgleich des eigenen fachlichen Profils mit den Schwerpunkten des Unternehmens. Viele Arbeitgeber liefern dazu jede Menge Informationen online auf ihren eigenen Karriereseiten und in konkreten Stellenanzeigen. Meist ist es dann leicht zu erkennen, wo sich (k)ein Besuch lohnt: Wer beispielsweise als Sozialpädagoge arbeiten möchte, könnte sich den Besuch bei einem metallverarbeitenden mittelständischen Betrieb daher in aller Regel sparen.
Wie Sie ein Gespräch am Messestand beginnen und entwickeln können
Anders als auf manchen Fachmessen müssen Gespräche auf Jobmessen vorher nicht vereinbart werden. Treten Sie selbstbewusst an den Stand des jeweiligen Arbeitgebers; mit einem freundlichen Guten Tag, wonach suchen Sie für Ihr Unternehmen? können Sie das Gespräch problemlos eröffnen. Denn genau darauf ist Ihr Gesprächspartner schließlich bestens vorbereitet (oder sollte es sein). Die Antwort wird sich dann meist auf die Bewerberprofile beziehen, die für das jeweilige Unternehmen ganz besonders attraktiv sind.
Danach sollten Sie sich mit einem kurzen, maximal 30-sekündigen Elevator Pitch vorstellen, der Ihren Namen, Ihre fachlichen Kernkompetenzen und das Berufsziel beinhaltet. Das sollte vorher genau durchdacht und geübt werden, damit Sie souverän rüberkommen. (Sollten Ihnen Ihre Kernkompetenzen und Ziele unklar sein, verbringen Sie Ihren Messebesuch besser schweigend oder bleiben gleich zu Hause. Nutzen Sie Ihre kostbare Zeit lieber dafür, Klarheit zu finden – alleine oder mit einem kompetenten Sparringspartner an Ihrer Seite.)
Im weiteren Gesprächsverlauf können Sie dann klären, ob und wie beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – zueinanderpassen. Hilfreich könnte die Frage sein Welche Chancen habe ich als Bewerber, wenn ich nur einen Teil, sagen wir 70%, Ihrer Anforderungen erfülle oder einen Quereinstieg anstrebe? Oder: Gibt es bei Ihnen Einstiegsjobs für Absolventen und Nachwuchskräfte? Viele an Jobmessen teilnehmende Firmen und Organisationen sind groß genug, um vielfältige Einstiegsmöglichkeiten zu bieten und auch Generalisten eine Chance zu geben.
Im Follow-up aus dem Zufallskontakt eine nachhaltige Beziehung machen
Wenn das Gespräch nicht desaströs verlief, empfehle ich, sich direkt am Stand mit den Unternehmensvertretern auf LinkedIn oder Xing zu vernetzen oder Visitenkarten zu tauschen. Die Chance, einen Zufallskontakt in eine nachhaltige berufliche Beziehung weiterzuentwickeln, sollten Sie jedenfalls nicht ungenutzt verstreichen lassen. Sollte das Gespräch sogar ganz hervorragend gewesen sein und ein Match in einem konkreten Team schon (fast) auf der Hand liegen, können Sie versuchen, den üblichen Bewerbungspfad etwas zu beschleunigen: Gibt es die Möglichkeit, in den nächsten Tagen oder Wochen ein kurzes Gespräch mit dem Teamleiter zu führen, damit ich noch besser verstehen kann, worauf es fachlich ankommt?
Selbst wenn Sie darauf nicht umgehend eine positive Antwort (geschweige denn einen Termin) erhalten sollten, zeigt es Selbstvertrauen, Verbindlichkeit und eine hohe Eigenmotivation. Ansonsten bleibt Ihnen noch die Möglichkeit, sich in einer künftigen schriftlichen Bewerbung im Anschreiben auf das Treffen auf der Jobmesse zu beziehen: „Sehr geehrter Herr Dr. Karbaum, vielen Dank für das angenehme Gespräch auf der Jobmesse im Oktober in Wildau bei Berlin, das mich dazu motiviert hat, mich auf die ausgeschriebene Stelle zu bewerben.“ Damit stellen Sie einen Bezug zum Empfänger her und heben sich von Ihrer Konkurrenz wohltuend ab.
Ich gebe zu: Mit einem Blick in das Ausstellerverzeichnis und etwas Recherche könnte man sich den Besuch immer noch sparen. Doch oft locken Jobmessen außerdem mit einem attraktiven Rahmenprogramm. Bewerbungsmappenchecks, kostenloses Erstellen von Bewerbungsfotos und hochwertige Vorträge zu Bewerbungsstrategien, Selbstvermarktung und weiteren Themen lohnen einen Besuch fast immer.
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