Lebenslanges Lernen wird Arbeitnehmern gebetsmühlenhaft vorgehalten. An Angeboten zur Weiterbildung mangelt es tatsächlich nicht, vielen Interessierten wohl aber an Orientierung.
Es gibt nicht viele Fach- und Führungskräfte, die an Weiterbildungen gänzlich uninteressiert sind. Manche sehen sie rein strategisch, da sich entsprechende Zertifikate ganz gut im Lebenslauf machen. Schließlich demonstrieren sie Motivation und Entwicklungsbereitschaft, was gerade die Altersgruppe ab 45 Jahren nicht unterschätzen sollte. Andere wiederum wollen sich einfach neue Kompetenzen aneignen, wissen aber nicht, für welches der vielen Angebote sie sich nun entscheiden sollen.
Erst die beruflichen Ziele definieren, dann die passende Weiterbildung finden
Schon an dieser Stelle setzt im Coaching die erste Intervention ein. Denn Orientierung findet, wer klassisch zunächst das Ziel definiert: Wo möchte ich mittel- bzw. langfristig beruflich hin? Welchen Karriereweg möchte ich wählen? Und was für Kenntnisse und Fähigkeiten werden auch in einigen Jahren noch relevant sein? Dies sind nur drei beispielhafte Fragen, deren Antworten schon ein gutes Stück weiterhelfen, die richtige Weiterbildung zu definieren.
Wenn das Ziel klar ist, kann der Weg zu dessen Erreichung geplant werden. So können fachliche oder methodische Schwerpunkte gewählt werden, außerdem das passende Format. Nicht wenige Berufstätige, die eine umfangreiche Weiterbildung absolvieren wollen und dafür nicht von ihrem Arbeitgeber freigestellt werden, wählen die berufsbegleitende Form. Wahlweise bestehend aus Präsenzzeiten an Abenden und Wochenenden sowie mit virtuellen Komponenten. Daneben gibt es für viele Arbeitnehmer auch einen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub.
Möglichkeiten der Finanzierung durch Dritte
Weiterbildungen sind oft selbstfinanziert, können aber im Rahmen der Jahressteuererklärung als Kosten geltend gemacht werden. Besser sind natürlich externe Zuschüsse, beispielsweise in Form der Bildungsprämie und von Zuschüssen des Arbeitgebers. Hierbei geht es wohlgemerkt nur um Weiterbildungen, die sich der Arbeitnehmer selbst aussucht und nicht solche, die der Arbeitgeber allein definiert. Ich empfehle, auf ein solches Budget im Rahmen der Vertrags- und Gehaltsverhandlungen hinzuwirken.
Die wahrscheinlich entspannteste Form einer mehrwöchigen oder mehrmonatigen Weiterbildung ist wohl eine durch die Bundesagentur für Arbeit geförderte Veranstaltung. Neben den Teilnahmekosten erhalten Arbeitslosen und Arbeitssuchenden weiterhin Geld für den Lebensunterhalt, außerdem Fahrgeld und bei einem überregionalen Veranstaltungsort eine Kostenerstattung für die Unterkunft. Außerdem verlängert sich die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I. Voraussetzung ist die Ausgabe eines Bildungsgutscheins, in der Regel mit einer klaren Definition der Inhalte und einer zeitlichen Befristung.
Die Nachteile des Massenmarkts
Der Bildungsgutschein kann grundsätzlich für alle Bildungsveranstaltungen eingesetzt werden, die wie der Bildungsträger selbst zertifiziert sein müssen. Das ist der erste Nachteil, da nicht alle – ganz besonders die attraktivsten Angebote – Weiterbildungen im Sinne der Arbeitsagentur zertifiziert sind. Daneben gibt es weitere Kriterien, die eventuell dazu führen, dass manche Weiterbildungen von vornherein nicht mit einem Bildungsgutschein bezahlt werden können.
Gerade bei diesen zertifizierten Weiterbildungsangeboten sollten Interessierte sehr vorsichtig sein, bevor sie sich für eines entscheiden. Schließlich wird hier ein Massenmarkt bedient und in erster Linie Geld verdient. Das ist zwar nicht per se verwerflich, hat aber rein gar nichts mit der Frage zu tun, ob eine bestimmte Weiterbildung tatsächlich einen Schub für den weiteren beruflichen Werdegang mit sich bringt.
Mitunter sind die Inhalte aufgebläht, was bedeutet, dass die Kurse länger dauern als eigentlich nötig. Mitunter hinken sie sogar den technischen Entwicklungen um Jahre hinterher. Dies sollte man stets im Hinterkopf behalten, wenn man sich bei einem Bildungsträger informiert – eine unabhängige Beratung ist das aber nie, obwohl die meisten Interessierten diese dringend benötigten.
MOOCs als attraktive Alternative
Eine attraktive Alternative zur Option Bildungsgutschein liegt seit einigen Jahren in Form von Massive Open Online Courses vor, oder kurz gesagt MOOCs. Internationale Universitäten, überwiegend aus den USA, haben sich auf unterschiedlichen Plattformen zusammengetan und bieten dort virtuelle Weiterbildungen an, die meist nicht nur inhaltlich sehr attraktiv sind, sondern auch überraschend preiswert. Die meisten Angebote dauern nur wenige Wochen bei geringem zeitlichen Aufwand oder können bei mehr Engagement sogar in einigen Tagen abgeschlossen werden. Außerdem sind die Zertifikate allgemein anerkannt. Und wer möchte seinen Lebenslauf nicht gerne mit einem Ivy League-Bildungsnachweis schmücken?
Das Angebot an Kursen ist riesig: Unter den Anbietern kommen an erster Stelle die beiden amerikanischen Giganten Coursera und EDX, die mit modernsten Inhalten aufwarten. Udacity ist ihnen sehr ähnlich, allerdings stehen hinter diesem Angebot keine international renommierten Universitäten. Deutschsprachige Formate sind in den letzten Jahren stetig mehr geworden. Die bekanntesten Plattformen sind Opencourseworld, Iversity, Imoox, Open VHB, Open HPI und Oncampus.
Unter den MOOCs ist vor allem der Anteil der IT-Weiterbildungen recht hoch – was mich zum letzten Wegweiser durch den Weiterbildungsdschungel führt: Wie wird sich wohl der Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren entwickeln? Künstliche Intelligenz, Blockchain und andere digitale Techniken sind in aller Munde und werden unsere Arbeitswelt revolutionieren. Es dürfte wohl keinen einzigen Beruf geben, der davon nicht jetzt schon ist oder sehr bald betroffen sein wird. Insofern lehne ich mich an dieser Stelle wohl nicht so weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass einer der sichersten Wege aus dem Dickicht im Aufbau von IT-Kompetenzen liegt.
Welche das sein könnten, ist von Beruf zu Beruf, von Branche zu Branche sehr unterschiedlich. Eine persönliche Beratung dürfte in jedem Fall weiterhelfen.
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