Onboarding, also die Einmündung eines neuen Mitarbeiters bei seinem Arbeitgeber, ist für viele anspruchsvolle Jobs der wesentliche Faktor für den Erfolg in der neuen Stelle. Dabei sollten sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer einiges beachten.
Wenn ich mit Kunden spreche, die während oder zum Ende ihrer Probezeit – über die ich im Januar an dieser Stelle geschrieben hatte – von ihrem Arbeitgeber gekündigt wurden, kommen wir meist zu der Erkenntnis, dass das Onboarding unzureichend geplant und umgesetzt worden war. Dass die Beschäftigung viel eher endete als gedacht, hatte nur selten etwas mit Versagen auf Arbeitnehmerseite zu tun. Trotzdem war es oft ein Scheitern mit Ansage.
Bewerber sollten wissen, woran sie im neuen Job gemessen werden
Doch dieses Scheitern ist vermeidbar. Ganz klar: Bei besonders anspruchsvollen Positionen sollten Bewerber vorab genau prüfen, ob sie Bedingungen bei ihrem neuen Arbeitgeber vorfinden, unter denen sie erfolgreich sein können. Hundertprozentig wird man das in einem Bewerbungsverfahren niemals feststellen, aber es gibt einige Hinweise. In erster Linie sollte jeder Bewerber herausfinden, was die konkreten Erwartungen an ihn sind und welche Ressourcen er benötigt, um diese zu erfüllen. Leider machen sich zu viele Bewerber diese beiden Fragen gar nicht bewusst und können sie daher auch nicht prüfen.
Wer auf seinen potentiellen Vorgesetzten trifft, der die Frage nach den Erwartungen nur unbefriedigend beantwortet, darf daher eine gesunde Skepsis entwickeln. Denn dann wird es zum Glücksspiel, wie die Führungskraft die Performance des neuen Mitarbeiters bewerten wird. Wenn Bewerber dagegen wissen, was sie liefern müssen, wissen sie auch, woran sie gemessen werden. Wer also in der Probezeit entlassen wird, weil er Erwartungen nicht erfüllt, die entweder von vornherein unrealistisch oder die ihm gar nicht bekannt waren, ist also selbst schuld. Denn eine solche Position hätte er besser gar nicht antreten sollen.
Das Eigeninteresse der Arbeitgeber an einer erfolgreichen Probezeit
Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können allerdings ein ernsthaftes Interesse daran haben, dass das Beschäftigungsverhältnis noch während der Probezeit aufgelöst wird. Denn für Arbeitgeber wäre die Einstellung eine finanzielle Fehlinvestition, wenn es zu einer schnellen Kündigung käme. Dieses Worst-Case-Szenario sollte er auf jeden Fall vermeiden. Insofern ist das Onboarding ein überaus relevantes Instrument, das er schon aus Eigeninteresse nutzen sollte.
Gerade in Konzernen und großen Behörden gehört die bewusste Planung und Umsetzung bereits seit Jahren zum Standardrepertoire. Meist besteht das Onboarding aus klar definierten expliziten Verfahrensabläufen. In kleinen Teams, die auch räumlich an den meisten Tagen zusammenarbeiten, bei kleinen Arbeitgebern läuft vieles dagegen eher implizit ab. In diesen beiden Beschäftigungsszenarien brauchen sich zumindest Arbeitnehmer keine großen Gedanken über das kommende Onboarding zu machen.
Onboarding sollte schon im Vorstellungsgespräch thematisiert werden
In allen anderen dagegen sehr wohl. Los geht es mit gezielten Fragen von Bewerberseite im Vorstellungsgespräch. Kandidaten, die sich mit Eigenverantwortung und -initiative hervorheben wollen, sollten gerade an dieser Stelle auf den Begriff Einarbeitung verzichten. Denn die Frage, wie ich denn eingearbeitet werde, wird im passiv gestellt und formuliert unterschwellig eine erwartete Bringschuld des Arbeitgebers. Anstatt dessen empfehle ich, dem möglichen direkten Vorgesetzten Fragen dieser Art zu stellen:
- Wie planen Sie das Onboarding in organisatorischer Hinsicht?
- Was sind meine ersten Aufgaben, und welche kommen schrittweise hinzu?
- Welche Ziele soll ich in den ersten drei Monaten erreichen und was sind die wesentlichen Erfolgsindikatoren?
- Welche Kollegen sind für welche Themen meine Ansprechpartner?
- Werden wir einen wöchentlichen jour fixe für meine wichtigsten Fragen haben?
Nicht immer können Bewerber gut durchdachte Antworten erwarten. Aber sie können erkennen, wie ihre Gesprächspartner grundsätzlich auf Fragen zum Onboarding reagieren. Sind sie dabei souverän, oder zeigen sie gerade nonverbal eine gewisse Verunsicherung? Spielen sie die Fragen des Bewerbers herunter oder zeigen sie glaubwürdig, dass diese berechtigt sind? Mitunter kann es sein, dass die Besprechung des Onboardings nicht im Vorstellungsgespräch erfolgt, sondern ein gesonderter Termin vereinbart wird. Bestehen Sie bitte darauf und lassen sich Sie sich dann nicht mit unzureichenden Antworten abspeisen.
Die wichtigen Aufgaben der Personalabteilungen
Arbeitgebervertreter können daran erkennen, wie wichtig es bereits im Rahmen der Personalauswahl ist zu wissen, wie die ersten Monate gestaltet sein sollten. Nicht alles lässt sich im Voraus planen, und in aller Regel sollten die neuen Mitarbeiter aktiv in die inhaltliche Gestaltung eingebunden werden. Aber eine grundlegende Vorausschau reduziert die Wahrscheinlichkeit von Enttäuschungen auf beiden Seiten und steigert die Arbeitgeberattraktivität. Denn gute Bewerber wollen vorher wissen, worauf sie sich einlassen.
Gerade den Personalabteilungen kommt an dieser Stelle eine besondere Bedeutung zu. Als federführende Akteure sollten sie den inhaltlichen und organisatorischen Rahmen des Onboardings gewährleisten und weder den neuen Mitarbeiter noch die Führungskraft alleine lassen. Prozessbegleitendes Monitoring schließt regelmäßige Feedback-Gespräche und bedarfsgerechte Krisenintervention mit ein. Auch teamfremde Mentoren oder ein begleitendes Coaching können helfen, die Einmündung in die neue Arbeitsumgebung zu erleichtern.
Worauf Führungskräfte achten sollten
Führungskräfte wiederum sollten sich bewusst machen, dass neue Arbeitnehmer ihnen zunächst Arbeit machen. Wer in den ersten Wochen und Monaten nicht in die neuen Mitarbeiter investiert, riskiert den Misserfolg. Doch da die meisten Akademiker und Fachkräfte perspektivisch eingestellt werden und nicht lediglich in den ersten sechs Monaten funktionieren sollen, ist eine solche Investition unumgänglich. Als Alternative bliebe sonst nur ein erfahrener, aber kostspieliger Interim-Manger.
Auch die persönliche, zwischenmenschliche Ebene sollte nicht unterschätzt werden. Nicht nur die Führungskraft, sondern im besten Fall das gesamte Team sollten sich überlegen, was sie tun können, um dem neuen Mitarbeiter den Einstieg so leicht wie möglich zu machen. Das wiederum hängt eng mit der Unternehmenskultur zusammen. Neben gezielten Bewerberfragen im Vorstellungsgespräch kann diesbezüglich vor allem eine ein- oder zweitägige Hospitation wertvolle Erkenntnisse liefern.
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