In vielen Vorstellungsgesprächen ist es üblich, dass sich Bewerber zu Beginn in einem mehrminütigen Monolog vorstellen. Und diese Selbstpräsentation ist alles andere als einfach.
Formale Vorstellungsgespräche haben über Branchen und Karrierelevels in aller Regel eines gemeinsam: den ritualisierten Auftakt. Der folgt in den Schritten Ankunft – Small Talk – kurze Vorstellung der Arbeitgebervertreter – kurze Darstellung des Unternehmens, ggf. auch der Abteilung und des Teams – und dann die Selbstpräsentation des Bewerbers. Meist wird sie mit der einfachen Aufforderung eingeläutet: Erzählen Sie uns etwas über sich!
Die Kraft des ersten Eindrucks
Dieses Stadium ist für viele Bewerber schon entscheidend für die Frage, ob das Vorstellungsgespräch erfolgreich verläuft oder nicht. Tatsächlich entwickelt sich der Eindruck, den die Arbeitgebervertreter von einem Kandidaten gewinnen, in den ersten Minuten am intensivsten. Nur selten verändert sich dieser erste Eindruck noch im weiteren Gesprächsverlauf. Mit anderen Worten: Nach spätestens 15 Minuten hat die Arbeitgeberseite zumindest unbewusst eine klare Tendenz für oder gegen einen Bewerber entwickelt, an der sich danach kaum noch etwas ändert.
Insofern fällt der Selbstpräsentation eine enorme Bedeutung zu. Auch wenn sich nicht alle Arbeitgebervertreter daran halten, ist es ein überaus bedeutsames Zeichen an Respekt, die Kandidaten dabei nicht zu unterbrechen. Als Bewerber mit einer exzellenten formalen Bildung, fundierten Fachkenntnisse, einschlägiger Erfahrung und starker Persönlichkeit sollten Sie auch von sich aus das Selbstverständnis aufbringen, etwa fünf Minuten über sich selbst sprechen zu wollen. Für alle, die das anders sehen: Wie sonst kann die Gegenseite Sie und Ihre Vorzüge besser kennenlernen, als durch einen überzeugenden Kurzvortrag?
Gestalten Sie Ihren Eingangsmonolog nach dem jeweiligen Stellenprofil
In dieser mittlerweile auch „Pitch“ genannten Gesprächsphase geht es um zwei wesentliche Aspekte. Einerseits stellen Sie sich fremden Menschen vor, die Sie nicht kennen. Gehen Sie bitte niemals davon aus, dass die wiederum vorher Ihren Lebenslauf gelesen haben. Insofern erübrigt sich der irrige Gedanke, irgendwelche relevanten Informationen wegzulassen, schließlich stehe das schon in den Bewerbungsunterlagen. Und andererseits nutzen Sie diesen Monolog direkt als Gelegenheit zu zeigen, warum Sie für die Stelle ganz besonders geeignet sind.
Dieser Grundgedanke birgt die Konsequenz, dass Ihre Selbstpräsentation jeweils individuell auf eine jeweilige Stelle hin ausgerichtet werden sollte. Je breiter Sie sich bewerben, desto stärker müssen Sie Ihren Kurzvortrag variieren. Denn mit unterschiedlichen Stellenprofilen verändern sich auch die Anforderungen an die Bewerber. Ein Pitch, der bei der letzten Bewerbung noch gepasst hat, kann bei der nächsten schon ein Fehlschlag sein.
Präsentieren Sie vor allem die relevanten Aspekte Ihres Werdegangs
Orientieren Sie sich bei Ihrer Selbstpräsentation an der impliziten Frage der Arbeitgeber Warum sind Sie hier? Die darauf treffendste Antwort kann dann nur lauten: Weil mein ganzes Leben so verlaufen ist, dass ich zwangsläufig hier und heute auf diesem Stuhl bei Ihnen sitzen musste. Gut, nur sehr wenig ist im Leben tatsächlich zwangsläufig. Daher könnte ich nachvollziehen, dass sich nicht jeder mit diesem Vorschlag anfreunden möchte. Nichtsdestotrotz ist das damit verbundene Prinzip der Schlüssel zum Erfolg.
Das bedeutet, dass Sie aus Ihrem Werdegang über die Dinge sprechen, die für die jeweilige Stelle relevant sind. Sie müssen also vorher überlegen, welche Schwerpunkte Sie in Ihrem Kurzvortrag setzen wollen. Mal ist das eine, mal das andere aus Ihrem Lebenslauf von besonderer Bedeutung. Was das sein könnte, verrät Ihnen das Stellenprofil und manchmal auch zusätzlich recherchierte Hintergrundinformationen.
Erkennen Sie Ihren roten Faden!
Ganz wichtig ist vor allem, Ihren Werdegang als eine konsistente Entwicklung erscheinen zu lassen. Das bedeutet, dass Sie den roten Faden Ihrer Karriere glaubwürdig erläutern sollten. Tatsächlich habe ich eine ganze Menge hochqualifizierter Bewerber kennengelernt, die das nicht hinbekamen, weil sie den roten Faden ihres beruflichen Werdegangs selbst gar nicht erkannt haben. Deswegen gehört es zu den Routineaufgaben eines Bewerbungscoachings, diesen roten Faden zu identifizieren. Ich verspreche sogar, dass das bis auf ganz wenige Ausnahmen fast immer möglich ist.
Im Unterschied zu Ihrem tabellarischen Lebenslauf, der die Stationen Ihres Werdegangs auflistet, erzählen Sie in der Selbstpräsentation eine Geschichte. Dabei kommt es darauf an, diese einzelnen Stationen überzeugend miteinander zu verbinden. Dieser Kitt besteht aus der Motivation, durch die Sie stets erläutern sollten, warum Sie sich für die jeweiligen zentralen Schritte in Ihrer Karriere entschieden haben. Was hat mich motiviert,
- genau diese Fachrichtung zu studieren?
- nach dem Studium in dieser Position zu arbeiten?
- später in einen ganz anderen Bereich zu wechseln?
So gewinnt Ihre Bewerbung erheblich an Glaubwürdigkeit
Ganz nebenbei schaffen Sie es dadurch zu zeigen, dass Sie Ihre Entscheidungen immer gut überlegt haben und Ihren Weg selbstbestimmt wie konsequent gegangen sind. Im besten Fall gelingt es Ihnen sogar glaubhaft darzulegen, dass Sie sich für Ihren gesamten Berufs- und Lebensweg bewusst und genauso entschieden haben. Das sollte auch jene Phasen betreffen, in denen Sie beruflich vielleicht zu Plan B übergehen mussten, weil sich Plan A nicht realisieren ließ.
Tun Sie das nicht, könnte es so aussehen, als seien Sie zufällig oder widerstrebend durch Ihr Berufsleben gegangen. Überzeugend ist aber derjenige Bewerber, der weiß, was er will. Denn das macht die Bewerbung umso überzeugender. Und jetzt kommt’s: Wer bisher mit guten Gründen und festen Absichten durch sein Berufsleben ging, der wird sicherlich nun nicht davon abrücken. Die Motivation, sich auf die jeweilige Stelle beworben zu haben, gewinnt also massiv an Glaubwürdigkeit.
Legen Sie den roten Faden Ihres Werdegangs auf die beworbene Stelle
Sie legen also den roten Faden auf die von Ihnen beworbene Stelle. Sie lassen es so aussehen, als sei diese Stelle die konsequente Fortführung Ihrer bisherigen Karriere. (Und ja, das gelingt meist auch bei Personen, die einen eher bunten Lebenslauf aufweisen oder zuletzt eine längere Auszeit genommen hatten.) Das ist die Leistung, die Sie in Ihrer Selbstpräsentation zu erbringen haben.
Wenn Sie es also schaffen, dass die Arbeitgeberseite zu der Erkenntnis kommt Vollkommen klar, warum dieser Bewerber heute hier ist! – dann haben Sie es geschafft. Ein ziemlich verlässlicher Indikator dafür ist, wenn im Anschluss an Ihren Pitch keine oder nur noch wenige Fragen zu Ihrem Werdegang gestellt werden. Und oft verläuft der Rest des Vorstellungsgesprächs umso angenehmer, je überzeugender Sie sich in Ihrer Selbstpräsentation vorgestellt haben.
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