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Bewerbungen und Karriere erfolgreich gestalten

Tipps aus der Praxis, die wirklich weiterhelfen

Wenn Akademiker in der Wissenschaft nicht mehr weiterkommen

Wie schwierig es für Akademiker ist, sich beruflich in der Wissenschaft zu etablieren, dürften alle wissen, die es bisher versucht haben. Die meisten erkennen früher oder später, dass sie in einer Sackgasse stecken. Doch wie geht es dann weiter?

In wohl keinem anderen Berufsbereich ist der Konkurrenzkampf derart beinhart wie in der Wissenschaft, zumindest in Deutschland. Viele kluge Köpfe stehen im Wettbewerb um sehr begrenzte Ressourcen. Nur wenige setzen sich durch und erreichen die angestrebte Professur. Für alle anderen stellt sich die Frage, ob sie sich mit der Verkettung von Drittmittelprojekten mehr als schlecht als recht über Wasser halten oder besser ihre Leidenschaft aufgeben sollen.

Viele Akademiker, auch ich, brennen für ihren Fachbereich, ihren Forschungsgegenstand. Diese starke intrinsische Motivation ist sehr oft auch unverzichtbar, um etwa ein mehrjähriges Promotionsverfahren erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Mit Begeisterung und Hingabe steigt gleichzeitig die Bereitschaft, Nachteile in Kauf zu nehmen. Das betrifft vor allem eine geringere Bezahlung als in der Privatwirtschaft und zeitlich oft arg begrenzte, also prekäre, Beschäftigungsformate.

Wissenschaftler sind Arbeitsnomaden

Aufgrund des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ist der akademische Mittelbau in Deutschland praktisch ausgestorben. Daher gibt es nur zwei wesentliche Positionen: Doktorand oder Professor. Wer weder das eine noch das andere ist, braucht entweder Glück und sehr gute Beziehungen (meist ist das Verhältnis zum eigenen Doktorvater bzw. Doktormutter entscheidend) oder eine tendenziell masochistische Lebenshaltung, immer wieder Anträge auf Drittmittelförderung bei der DFG oder anderswo zu stellen.

Im besten Fall gibt es hin und wieder einen Zuschlag. Das ernährt den Wissenschaftler dann vielleicht für zwei bis drei Jahre. Diejenigen, die der Meinung sind, für diese Strategie Berlin (oder ein anderes Ballungsgebiet) nicht verlassen zu müssen, bleiben meist als erste auf der Strecke. Denn Wissenschaftler sind Arbeitsnomaden, denn nur so bleibt gewährleistet, dass sie in ihrem Spezialgebiet arbeiten können. Wer lieber an einem festen Ort bleiben will, muss dagegen beruflich flexibler sein.

Wer in der Wissenschaft bleiben will, muss die Professur anstreben

Planbar ist nur die Unbeständigkeit. Die Gründung einer Familie, der Aufbau einer beständigen sozialen Umfelds und die Erfüllung anderer privater Träume sind damit oft nicht vereinbar. Ganz im Gegenteil wenden nicht wenige Wissenschaftler, die ich kennengelernt habe, ihr Erspartes dafür auf, zu internationalen wissenschaftlichen Konferenzen zu reisen, um einen Kurzvortrag zu halten. Wir reden also von Menschen, die Geld bezahlen, um zu arbeiten, anstatt Geld für geleistete Arbeit zu erhalten.

Dafür, dass es absurd ist, ist diese Selbstausbeutung noch viel zu weit verbreitet. Wege aus dem Schlamassel zu finden ist nicht immer leicht. Meine erste Empfehlung für junge Postdoktoranden lautet immer, alles dafür zu tun, möglichst schnell eine Professur zu erhalten. Das bedeutet intensives Netzwerken (inklusive Klinkenputzen!), aus jeder halbgaren Idee eine Publikation zu machen und in manchen Fächern sofort zu habilitieren. Nebenbei besteht die Pflicht, ein paar Semesterwochenstunden zu unterrichten und Examensarbeiten zu betreuen. Das alles geht nicht selten einher mit deutlich mehr als die übliche Arbeitszeit von 40 Wochenstunden.

Je eher der Absprung gelingt, desto leichter wird‘s

Daneben sehe ich eigentlich nur noch das Heil in der Flucht. Und zwar je eher, desto besser. Selbst wenn nach der Promotion noch ein paar Jahre möglich sind, befristet an wissenschaftlichen Einrichtungen arbeiten zu dürfen: Werden Sie bloß nicht bequem! Denn je weiter jemand in eine Richtung läuft, die sowieso nicht zum Ziel beruflicher Beständigkeit führt, desto größer ist hinterher der Weg zurück. Was ich damit sagen will: Wer bereits den Stempelabdruck eines klaren, spezialisierten Profils auf der Stirn trägt, wird sich schwerer tun, in anderen Bereichen jenseits der Wissenschaft Fuß zu fassen.

Viele Geisteswissenschaftler, aber auch diejenigen, die in den MINT-Fächern Grundlagenforschung betreiben, wissen, dass ihre Fachkompetenzen jenseits der akademischen Welt nicht gebraucht werden. Hinzu kommt die Gewissheit, dass jede andere Tätigkeit ein intellektueller Abstieg ist, deutlich weniger Spaß macht und so gar nicht der Auffassung entspricht, die man einst vom Berufsleben entwickelt hat. Nur mit 32 Jahren fällt die Umstellung leichter als mit 42 Jahren oder 52 Jahren.

Erst neulich fragte ich eine promovierte Archäologin nach ihren beruflichen Alternativen zur Wissenschaft. Sie entgegnet mir, halb resigniert, dass der Arbeitsmarkt niemand mit ihren fachlichen Fähigkeiten brauche. Das ist trotz der Pointierung grundsätzlich nicht falsch, aber dennoch eine irrtümliche Perspektive. Denn der Arbeitsmarkt braucht vielleicht tatsächlich keine promovierte Archäologin, aber dringend Menschen, die wie eine promovierte Archäologin denken.

Es hängt alles von der Motivation ab

Es geht also darum, weniger auf die eigenen fachlichen Fähigkeiten zu setzen als auf die bei Wissenschaftlern in aller Regel exzellent entwickelten methodischen Kompetenzen. Das ist im Kern die Fähigkeit, sich neues Wissen eigenständig aneignen und komplexe Probleme lösen zu können. Wer diese Perspektive verinnerlicht, erkennt dann plötzlich seine riesigen Potentiale und die damit verbundenen zahlreichen beruflichen Einsatzmöglichkeiten. Es gibt viel mehr offene Türen, als die meisten Akademiker glauben!

Trotzdem bleibt es bitter, seinen Fachbereich aufzugeben. Trotzdem ist es nicht einfach, ein neues Berufsbild zu entwickeln und passende Tätigkeiten zu identifizieren. Trotzdem werden angesichts der Konkurrenzsituation in Bewerbungsverfahren faktische Grenzen bleiben. Trotzdem wird es im neuen Job am Anfang alles andere als leicht sein – und damit meine ich eher zwei bis drei Jahre als Monate. Aber all das ist möglich und erreichbar, wenn man es denn wirklich möchte. Wer mit der neuen Karriere dagegen hadert und sie innerlich vielleicht sogar ablehnt, wird es kaum schaffen.

Ich kann das doch nicht – das ist eine Flucht vor der eigentlichen Wahrheit: Ich will das gar nicht. Es kommt am Ende des Tages also in erster Linie auf die Motivation an, um aus der Sackgasse Wissenschaft herauszukommen.

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