Mehr als 95% meiner Kunden sind mit meinem Karrierecoaching zufrieden. Manchmal erlebe ich mit ihnen sogar magische Momente, die diesen Beruf so einzigartig machen. Das Gegenteil davon ist der blanke Coachinghorror, der dann entstehen kann, wenn leistungsneutrales Selbstbewusstsein und Geldgier eine destruktive Allianz eingehen.
Wer nichts wird, wurde früher Wirt und heute Coach. Das ist, zusammengefasst, das gängige Stereotyp über meine Profession und Branche. So ganz weit weg ist es von der Realität allerdings nicht hergeholt, schließlich gibt es weder eine klare Definition der beruflichen Tätigkeit noch rein objektive Qualitätsstandards. Kein Wunder, dass manche Coaches mehr versprechen als halten und letztendlich der Mehrwert für die Kunden überschaubar bleibt. Manchmal jedoch passiert mehr als nur das. Und das ist dann der blanke Coachinghorror.
Mein Coaching beginne ich immer mit der Frage: „Was kann ich für Sie tun?“ Ausgehend davon schlage ich stets eine individuell zugeschnittene Vorgehensweise und den Zeitbedarf vor und leite daraus mein Honorar ab. Außerdem gibt es bei mir keine Vertragslaufzeiten, und die Kunden dürfen das Coaching jederzeit abbrechen. Schließlich sollen sie nur dafür bezahlen, was sie brauchen. So vermeide ich Enttäuschungen auf beiden Seiten und erreiche eine sehr hohe Kundenzufriedenheit von mehr als 95%.
Die Besonderheiten im geförderten Coaching
Im geförderten Coaching sind die Bedingungen ein wenig anders. Ursache dafür sind feste Zeitkontingente (selbst im Format AVGS), ungeachtet des tatsächlichen individuellen Bedarfs. Manchmal ist es zu niedrig, in den meisten Fällen allerdings zu üppig angesetzt. Während es im Kleingruppencoaching noch möglich ist, dieser Herausforderung mit interessanten Themen und kurzweiligen Formaten zu begegnen, ist dies im Einzelcoaching nur sehr eingeschränkt möglich.
Coaching, das sollte allen Beteiligten eigentlich klar sein, ist übergriffig: Es mischt sich in die individuelle Lebensführung ein. Ich habe größten Respekt vor Menschen, die mir signalisieren: Ich will das nicht. Aus berufsethischen Gründen respektiere ich das ohne Einschränkung. Denn auch das gehört zum Coaching zwingend dazu: Die Handlungsautonomie und die erfahrene Selbstwirksamkeit der Kunden dürfen nicht unterminiert werden. Falls doch, werden sie als Personen in Frage stellt und zu Objekten eines Prozesses degradiert, der sie eigentlich in den Mittelpunkt rücken sollte.
Nicht immer bringt es etwas, Gespräche zum Selbstzweck zu führen
Und da sind wir schon mittendrin im Coachinghorror. Ich hatte ihn zuletzt vor über zehn Jahren erlebt und nun wieder im ersten Quartal 2025. Ein Maßnahmeträger hatte eine irrwitzig hohe Stundenzahl für eine Zielgruppe festgelegt, die weit über das normale Maß hinausreichte. Diese Unkenntnis des gängigen Bedarfs ging einher mit der Forderung, diese Stunden im Einzelcoaching auch tatsächlich durchzuführen. Diese Erwartungshaltung traf nun auf mich und meine beiden Kunden in diesem Projekt, die auch noch erkennbar unfreiwillig Teilnehmer dieser Zuweisungsmaßnahme geworden waren.
Schon bald hatten wir uns alles gesagt. Es war offensichtlich, dass die Gespräche überwiegend zum Selbstzweck vereinbart wurden. Den Kunden und mir war das sichtlich unangenehm, weshalb ich sie darauf hinwies, dass wir in einem freien Land leben und sie jederzeit das Recht haben, gehen zu dürfen. Das gilt sogar dann, wenn jemand Arbeitslosengeld bezieht. Wir leben schließlich nicht in einem Obrigkeitsstaat, in dem sich Arbeitslose für ihre Situation rechtfertigen müssen – es sei denn, sie verwechseln den Leistungsbezug mit einem bedingungslosen Grundeinkommen.
Zwang, Druck und das Schüren von Angst ist absoluter Coachinghorror
Doch der Maßnahmeträger, getrieben von leistungsneutralem Selbstbewusstsein und Geldgier, sah das offenbar anders. Mir wurde mehr oder weniger vorgeworfen, dass ich die Kunden nicht daran gehindert hatte, den Maßnahmestandort vor Ablauf des wöchentlichen Stundenkontingents zu verlassen. Das meine ich, wenn ich vom Coachinghorror spreche: Coaching, das nur dann zustande kommt, weil Menschen dazu gezwungen werden. Das ist nicht lediglich unethisch, sondern auch strafrechtlich relevant. Als Grund gab die Führungskraft des Maßnahmeträgers übrigens die vertraglichen Pflichten gegenüber dem Bedarfsträger an. Ich kündigte darauf hin meine freie Mitarbeit auf.
Druck (Mitwirkungspflicht!) und das subtile Schüren von Angst (Sanktionierung!) darf niemals Grundlage eines Coachings sein. Doch es kann vorkommen, wie ich nun selbst wieder erleben musste. Dagegen darf sich jeder wehren – nein, dagegen muss sich jeder Betroffene wehren! Gefördertes Coaching kann viel Gutes leisten und findet nach wie vor meine volle Fürsprache. Es funktioniert aber nur, wenn es als Angebot verstanden wird. Natürlich sollten die Vorteile dieses Angebots mit guten Argumenten aufgezeigt werden. Am Ende muss allerdings stets die Botschaft stehen: Es liegt an Ihnen, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen.
Wenn Life Coaches ihre Kunden bei mangelnder Wirksamkeit beschuldigen
Doch Coachinghorror kann auch anders entstehen. Hin und wieder funktioniert die Zusammenarbeit nicht, und dann gilt es, sie sauber zu beenden. Wer seinen Kunden beschuldigt, die Verantwortung für eine nicht fruchtbare Zusammenarbeit zu tragen, sollte seinen Beruf wechseln. Das passiert meist dann, wenn Life Coaches mit obskuren Methoden nicht annähernd das erreichen, was sie vorher vollmundig versprochen hatten. Dann sei oft der Kunde schuld, weil er nicht bereit war, sich für den Ansatz genügend zu öffnen. Das Internet ist voll von solchen Erfahrungsberichten.
Doch auch im geförderten Job- und Bewerbungscoaching kann das passieren. Erst vor kurzem berichtete mir eine Frau, dass ihr von ihrem Coach nach über 60 Stunden vorgeworfen wurde, aufgrund vorab diagnostizierter Depressionen blockiert gewesen zu sein. Deswegen sei das Coaching nicht erfolgreich verlaufen. Um es klar zu sagen: Das ist Victim Blaming wie es im Buche steht und reduziert das Selbstwertgefühl eines Menschen in just dem Moment, in dem er die Steigerung am dringendsten gebraucht hätte. Das geht gar nicht!
Keine Abhängigkeit schaffen, sondern als Coach überflüssig werden
Ich bin der festen Auffassung, dass die Verantwortung stets beim Coach liegt. Sie beginnt mit der freien Entscheidung, sich auf ein Coaching einzulassen oder es bleiben zu lassen, wenn die Erfolgswahrscheinlichkeit gering ist. Und wenn es wider Erwarten nicht funktioniert, dann liegt es daran, dass das Angebot (zu) diesem Kunden eben nicht gepasst hat. Da niemand jede Person coachen, geschweige denn sich zwischenmenschlich auf alles und jeden einstellen kann, muss dies als mögliche Entwicklung stets akzeptiert sein. Das Coaching dann zu beenden mag zwar bedauerlich sein, ist aber die einzige professionelle Entscheidung im Sinne des Kunden.
Eine letzte Variante ist das bewusste Fördern von (psychischer) Abhängigkeit über einen längeren Zeitraum, um auch den letzten Cent aus dem Kunden zu pressen. Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Sofern es einen konkreten Bedarf für ein kontinuierliches Coaching gibt, dann soll es auch stattfinden. Doch im Zentrum des Coach-Handelns sollte stets die Maxime stehen: Ich tue alles dafür, dass Sie mich nie wieder brauchen – je schneller, desto besser. Wenn diese Selbstverständlichkeit vergessen wird, ist der Coachinghorror nicht mehr weit entfernt.
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