Am 23. Februar findet die Bundestagswahl statt. Wer immer danach regieren wird sollte sehr darauf achten, Anreize für Arbeit und Leistung zu setzen.
Haben Sie es mitbekommen? Die Beitragsbemessungsgrenzen zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sind zum neuen Jahr deutlich gestiegen. Außerdem bauen immer mehr Unternehmen Stellen ab, weshalb die Arbeitslosigkeit weiter steigt. Doch das ist nur ein kleiner Vorgeschmack darauf, was uns in den nächsten Jahren droht, wenn wir nicht umsteuern.
Als Coach geht es mir stets darum, die Selbstwirksamkeit meiner Klienten zu erhöhen. Doch die Grenzen sind schnell erreicht, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Das kann sich auf einen Arbeitgeber, eine Branche und letztendlich auch auf den gesetzlichen Rahmen beziehen. Im Februar 2025 sollte der Fokus ausnahmsweise mal auf der Politik liegen, da am 23. Februar die Bundestagswahl stattfindet. Denn die Dinge drohen völlig aus dem Ruder zu laufen, wenn wir weitermachen wie in den letzten 20 Jahren.
Es droht der Zusammenbruch des Sozialstaates
Das Kernproblem ist schnell beschrieben: Die Sozialabgaben steigen und steigen und steigen. Bereits heute zählen die Lohnzusatzkosten in Deutschland zu den höchsten der Welt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag, also die Pflichtbeiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, liegt mittlerweile bei rund 42%. Im günstigsten Fall steigen die Abgaben innerhalb der nächsten zehn Jahre auf über 46%, im ungünstigsten Fall auf über 51%. Ursache dafür sind die demographische Entwicklung und das Ausscheiden der sogenannten Boomer-Generation aus dem Erwerbsleben.
Der Sozialstaat, wie wir ihn kennen, kann und wird keinen Bestand haben. Als Wähler sollten sie sehr darauf achten, dass Ihnen niemand etwas vormacht. Umgekehrt verkaufen uns Politiker für dumm, die sich weigern, den enormen Reformbedarf unserer Sozialversicherung überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Denn ein Weiter-so wird nicht funktionieren, auch wenn es Menschen geben sollte, die mit großer Freude mehr als die Hälfte von dem, was sie verdienen, abführen.
Migration wird uns nicht retten – ganz im Gegenteil
Wer als weltgewandter, polyglotter und interkultureller Leistungsträger nicht ortsgebunden ist, wird sich wahrscheinlich genau überlegen, wo auf dieser Welt Erwerbsleben und Gründung einer Familie besonders attraktiv sind. Noch nie war es für talentierte Absolventen und Fachkräfte so einfach, die Zelte in der Heimat abzubrechen und woanders hinzugehen. Und dieser Trend wird sich verstärken, wenn wir unsere jungen, hochmotivierten Leistungsträger noch mehr belasten. Mit fatalen Folgen für wertschöpfende Innovationen, auf die unsere Volkswirtschaft mangels natürlicher Ressourcen so sehr angewiesen ist.
Insofern brauchen wir aktuell gar nicht mehr darüber nachzudenken, wie wir ausländische Fachkräfte in der Masse dazu bringen, nach Deutschland zu kommen, um unseren Sozialstaat und den Wirtschaftsstandort zu retten. Wer rechnen kann, wird andere Länder bevorzugen. Oder glauben Sie, Deutschland ist so attraktiv wegen günstiger Mieten, erstklassiger Schulen, pünktlicher Züge und des guten Wetters? Anstatt auf einen Bevölkerungszuwachs durch Migration zu setzen, droht uns im Gegenteil dauerhafte Nettoabwanderung.
Es muss wieder attraktiv werden, mehr zu arbeiten
Aber nicht nur unsere klügsten Köpfe werden sich der staatlichen Maßlosigkeit entziehen. Im Coaching von Langzeitarbeitslosen habe ich es selbst immer wieder erlebt, wie attraktiv Schwarzarbeit für Personen ist, die im Niedriglohnsektor tätig sind. Und tatsächlich ist jedes Lohnabstandsgebot Makulatur, solange die Rahmenbedingungen das allzu beliebte private Kombilohnmodell Bürgergeld plus Schwarzarbeit möglich machen. Auch die Anzahl der Mini- und Midijobs wird deutlich zunehmen, weshalb steigende Sozialversicherungsbeiträge nur noch dazu führen werden, dass weniger Menschen bereit sein werden, sie zu bezahlen.
Hinzu kommt ein fataler Trend, immer weniger arbeiten zu wollen, trotz stetig steigender Lebenshaltungskosten. Für mich ist das kein Wunder, wenn man nicht nur von belastender Arbeit und unfähigen Führungskräften demotiviert wird, sondern auch durch Sozialabgaben und die progressiv steigende Einkommenssteuer. Machen wir uns nichts vor: Menschen arbeiten in erster Linie für sich selbst und ihre engsten Angehörigen, sonst wäre der Sozialismus wohl kaum gescheitert. In der Folge werden die meisten Arbeitgeber noch stärker vom Arbeitskräftemangel betroffen sein. Und geringere Einnahmen werden unsere Sozialkassen weiter destabilisieren.
Der Staat wird weniger Steuern einnehmen, wenn die Wirtschaft lahmt
Während also vor der Bundestagswahl die dysfunktionale Sozialpolitik durch die meisten Parteien weitgehend ignoriert wird, stehen die Wahlen ganz im Zeichen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Ihre zukunftsweisende Relevanz für unser Land und ganz Europa möchte ich keinesfalls in Abrede stellen. Die Grundlage aller staatlicher Ausgaben ist allerdings, dass dafür zunächst Gewinne erzielt werden, um Einnahmen generieren zu können. Wer in den letzten Monaten die zahlreichen Hiobsbotschaften produzierender Unternehmen verfolgt hat weiß, dass auch das nicht mehr selbstverständlich ist. Doch der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist wohl zu schleichend, um daraus ein allgemeines Problembewusstsein abzuleiten.
Sollten unsere gewählten Repräsentanten nach der Bundestagswahl nicht willens oder fähig sein, die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unserer Unternehmen zu verbessern, wird es ein böses Erwachen geben. Und das betrifft nicht nur Start-up-Gründer, Facharbeiter der Industrie und Ingenieure mittelständischer Unternehmen, sondern auch den Einzelhandel, die Gastronomie und alle anderen Beschäftigten des Dienstleistungssektors. Auch diejenigen, die unmittelbar durch den Staat finanziert werden, sollten wissen, dass das Geld für Ihr Einkommen nicht einfach nur gedruckt werden muss.
Insofern wundert mich die wirtschaftspolitische Apathie unserer politischen Entscheidungsträger zwei Wochen vor der Bundestagswahl sehr. Als Wähler dürften wir sie aber nicht mehr damit durchkommen lassen. Ihre Trägheit und ihr Reformunwille, der die zwei Jahrzehnte nach der Agenda 2010 geprägt hat, können wir uns einfach nicht mehr leisten. Am 23. Februar liegt es an uns, ein klares Zeichen zu setzen.
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