Headhunter sind oft unverzichtbares Bindeglied zwischen Top-Führungskräften und exzellent bezahlten Positionen. Aber auch Fachkräfte können von ihnen profitieren – doch meist ist es eher umgekehrt.
Headhunter genießen hierzulande schon aufgrund ihrer wörtlichen Übersetzung ins Deutsche nicht unbedingt den besten Ruf. Denn mit „Kopfjägern“ sind meist Angehörige von Naturvölkern gemeint, die einen Menschen töten, um dessen Kopf oder Schädel als Siegestrophäe zu erbeuten. Da die Branche dann doch nicht ganz so archaisch-morbide ist, haben sich alternative Begriffe etabliert wie etwa Direktsuche, Personalberatung, Executive Search und Arbeitsvermittlung. Im Idealfall arbeiten Headhunter wie Makler, die zwei Parteien zum beiderseitigen Vorteil zusammenbringen.
All die genannten Berufsbezeichnungen eint, dass sie in aller Regel von einem Arbeitgeber beauftragt und honoriert werden, um einen geeigneten Mitarbeiter zu finden, worum sie sich selbst nicht kümmern wollen oder was ihnen einfach nicht gelingt. Es liegt auf der Hand, dass es sich meist um Mangelberufe handelt, wo also zu wenige Arbeitnehmer zur Verfügung stehen, um dem Arbeitskräftebedarf zu entsprechen. Das bedeutet, dass immer noch sehr viele Arbeitnehmer für Headhunter grundsätzlich unattraktiv sind.
Nicht Sie, sondern der Headhunter hat bei einer Anfrage nichts zu verlieren
Wer also in einem Berufsbereich tätig ist, der von einer großen Konkurrenz für ein quantitativ überschaubares Arbeitsplatzangebot geprägt ist, sollte die Hoffnung aufgeben, über einen Headhunter in eine begehrte Stelle zu kommen. Trotzdem werden auch solche Personen immer wieder auf Social Media (Xing, LinkedIn, Experteer) kontaktiert mit dem Hinweis auf eine attraktive Position – „Sind Sie interessiert?“ Wer kann dazu schon Nein! sagen? Denn in der Theorie kann ein Arbeitnehmer in diesem Augenblick nur gewinnen und hat nichts zu verlieren.
Außer vielleicht den Glauben an eine faire und gerechte Welt. Denn Headhunter verdienen ihr Geld nicht nur dadurch, dass sie Personen vermitteln. Das passiert sowieso nicht allzu häufig. Die Arbeit drumherum ist ebenfalls entscheidend. Ein Erfolgsindikator für einen angestellten Headhunter einer Agentur ist es, mit möglichst vielen Arbeitnehmern zu sprechen und sie davon zu überzeugen, ihr Profil in die Datenbank der Agentur eintragen zu lassen. Eine Vermittlung spielt manchmal gar keine Rolle. Das geht soweit, dass attraktive Jobs erfunden werden, um Arbeitnehmern diese Zusage abzuringen. Die Datenbank füllt sich schließlich nicht von alleine!
Oft ist der Erstkontakt auch das letzte, was Sie vom Headhunter hören
Das kann man meist daran erkennen, dass erstens die Stelle zu schön ist, um wahr zu sein, und zweitens der Headhunter sich danach gar nicht mehr meldet. Denn er hat sein Ziel erreicht: einen neuen Datenbankeintrag. Die Datenbank ist sozusagen der Vermögenswert eines jeden Headhunters. Je mehr Personen drinstehen (also potentiell vermittelbare Arbeitnehmer), desto wertvoller ist die Headhunter-Agentur. Je nach fachlichem Profil wird der Gegenwert mitunter im vierstelligen Bereich verortet. Das ist immens wichtig, wenn die Agentur einen Bankkredit haben möchte, an die Börse geht oder zum Verkauf steht.
Deswegen können Sie gerne auch mal dankend ablehnen, wenn Sie unerwartet kontaktiert werden. Tatsächlich habe ich es immer wieder erlebt, dass der Erstkontakt auch meist das letzte ist, was ein Arbeitnehmer von einem Headhunter hört. Denn nur eine verschwindend geringe Zahl von ihnen möchte eine nachhaltige Beziehung zur Fach- und Führungskraft aufbauen. Unter diesen Bedingungen kann eine jahre- oder jahrzehntelange Partnerschaft auch wirklich von beiderseitigem Vorteil sein. Und je nach Branche und Karriereziel können manche Positionen auch nur in einem solchen Tandem erreicht werden.
Warum viele Headhunter erst bei hohen Gehaltsvorstellungen aktiv werden
Die meisten Headhunter leben allerdings im Hier und Jetzt und wissen ganz genau, mit wem sie auch echten Umsatz machen können. Denn es ist glasklar und auch legitim: Ein Headhunter will, soll und darf von der Vermittlung schließlich auch finanziell profitieren. Meist liegt die Provision bei einem frei verhandelbaren Anteil des jährlichen Jahresgehalts, mitunter bis zu 40%, in Sonderfällen sogar noch mehr. Das bedeutet, dass ein Headhunter per se nicht daran interessiert ist, Personen mit (zu) niedrigen Gehaltsvorstellungen zu vermitteln.
Manche Headhunter beginnen sich erst dann für Arbeitnehmer zu interessieren, wenn die Jahresgehälter im sechsstelligen Bereich liegen. Es gibt auch Agenturen, deren Grenze deutlich niedriger liegt. Trotzdem müssen wie überall sonst in der Privatwirtschaft Aufwand und Ertrag in einem akzeptablen Verhältnis zueinanderstehen. Deshalb kommen viele Bereiche, die vom Arbeitskräftemangel betroffen sind, zwangsläufig ohne Headhunter aus. Gerade im Helfersektor sprechen wir daher oft von Arbeitsvermittlung und nicht von Headhunting. Ein weiterer Spezialfall ist die Zeitarbeit (Personalleasing).
Ein Headhunter ist teuer – nutzen Sie das zum eigenen Vorteil
Zurück zum Geld: Ein Headhunter kann das Recruiting richtig kostspielig machen (und bitte: als Arbeitnehmer bezahlen Sie einen Headhunter niemals aus eigener Tasche). Ein Unternehmen profitiert zumindest finanziell, wenn es seine Mitarbeiter anders findet. Und diese wiederum können davon einen Teil abbekommen: Wer sich in einer Branche, in der die Stellenbesetzung über Headhunter nicht unüblich ist, direkt beim Arbeitgeber erfolgreich auf eine ausgeschriebene Position bewirbt, kann viel leichter eine üppige Einstiegsprämie verhandeln. Und zwar eben mit dem Argument, dass sich der Arbeitgeber den Headhunter gespart hat.
Die Prämie liegt zwar deutlich niedriger als das Erfolgshonorar des Vermittlers, kann aber trotzdem schnell fünfstellig werden. Meist wird die Prämie zum Ende der Probezeit ausgezahlt, es können aber auch andere Modelle vereinbart werden. Deswegen sollte sich ein Arbeitnehmer ganz genau überlegen, ob es wirklich erforderlich ist, für den nächsten Karriereschritt einen Headhunter zu involvieren. Ich sag’s mal ganz offen: Investieren Sie lieber in einen Karrierecoach, der mit Ihnen eine zielgerichtete Bewerbungsstrategie entwickelt, sehr gute Unterlagen erstellt und Sie optimal auf jedes Vorstellungsgespräch vorbereitet. Unterm Strich sparen Sie sehr viel Geld!
Es gibt auch unseriöse Headhunter
Zuletzt möchte ich mir noch Hinweise auf die pechschwarzen Schafe der Branche erlauben. Erstens gibt es Headhunter, die Stellenanzeigen klauen. Da sie keine Aufträge von Unternehmen erhalten, stellen sie recherchierte Stellenanzeigen auf ihre eigene Webseite oder Jobportale. Sie sammeln dann einige Bewerber ein und präsentieren diese im Rahmen einer eigenen Akquisitionsstrategie der verdutzten Personalabteilung in der Hoffnung, dass sich dort weniger geeignete Personen beworben haben. Daher empfehle ich, bei Nennung des Arbeitgebernamens sofort auf dessen Webseite nachzuschauen, ob die Stelle auch dort ausgeschrieben ist. Und natürlich sollten Sie sich dann dort direkt bewerben und den Headhunter umgehen.
Ein weiteres Beispiel größtmöglicher Unseriosität lieferte mir vor einigen Jahren eine internationale Personalberatung, die auch in Deutschland ihr Unwesen treibt. Sie war beauftragt worden, für ein mittelständisches Unternehmen eine Führungskraft zu finden. Meine Kundin war dort freie Mitarbeiterin, bestens qualifiziert, mit den Abläufen und Arbeitsinhalten optimal vertraut und daher sehr an der Stelle interessiert. Blöderweise lag ein schwerer Interessenkonflikt vor, da der Arbeitgeber die Headhunter-Agentur außerdem für die eignungsdiagnostische Feststellung beauftragt hatte. Es kam, wie es kommen musste: Der Headhunter stempelte die Bewerberin als völlig ungeeignet ab. Denn es wäre wohl zu blamabel gewesen zuzugestehen, dass der Kunde eine geeignete Führungskraft bereits hätte kennen können – Honorar hin oder her.
Interne Bewerber und Arbeitslose haben oft schlechte Karten
Deshalb sollten Mitarbeiter von einer internen Bewerbung absehen, wenn der Arbeitgeber für die Besetzung einen Headhunter engagiert hat. Auch Arbeitslose sollten aufpassen. Denn ein Headhunter legitimiert sich dadurch, dass er einen Bewerber zum Wechsel aus einem anderen Unternehmen animiert hat. Daher sind arbeitslose Bewerber für Headhunter deutlich unattraktiver als Fach- und Führungskräfte in ungekündigten Arbeitsverhältnissen.
Schreibe einen Kommentar