…sollten Sie misstrauisch werden, denn manche Stellenausschreibungen sind Fake. Tatsächlich geht es den Arbeitgebern nur um die Erledigung konkreter Aufgaben, die als Arbeitsproben getarnt sind.
Das Prinzip ist immer das gleiche: Zeigen Sie uns, wie gut Sie sind, um uns die Entscheidung leichter zu machen, Sie einzustellen! Bewerber werden dann um konkrete Arbeitsproben gebeten, etwa im Rahmen einer Probearbeit oder erhalten Aufgaben, die an ein Assessmentcenter erinnern. Doch an dieser Stelle sollten Sie misstrauisch werden, um keine bösen Überraschungen zu erleben.
Beginnen wir mit dem legitimen Interesse eines Arbeitgebers, einen Bewerber vor einer möglichen Einstellung kennenlernen zu wollen. Dazu stehen ihm in einem üblichen Verfahren die schriftlichen Bewerbungsunterlagen und eine oder mehrere Runden Vorstellungsgespräche zur Verfügung. In diesem Rahmen können auch personaldiagnostische Methoden eingesetzt werden, auch wenn diese mitunter nur bedingt aussagekräftig sind.
Probearbeit nur für Personen ohne Erfahrungen und Referenzen
Einen Bewerber einzustellen unterliegt grundsätzlich dem unternehmerischen Risiko. Durch eine vertragliche vereinbarte Probezeit erhalten beide Seiten einen zusätzlichen Rettungsanker, sollte die Zusammenarbeit nicht funktionieren. Es gibt eben keine vollständige Sicherheit. Manche Arbeitgeber versuchen, sich im Rahmen einer Probearbeit einen zusätzlichen Eindruck zu verschaffen. Probearbeit bedeutet in aller Regel, dass ein Bewerber ohne Gehalt oder Honorar arbeiten soll.
Für Bewerber ohne Erfahrungen und Referenzen kann dies durchaus eine Möglichkeit sein, an einen Job zu kommen, der sonst kaum erreichbar wäre. Allerdings stellt sich die Frage, wie lange diese Probearbeit angesetzt sein sollte. Ich kenne Fälle aus dem Helfersektor, in denen Bewerber zwei Wochen ohne Gehalt zur Probe arbeiten sollten mit der vagen Hoffnung, am Ende eine Einstellungszusage zu erhalten. Es ging also um harte körperliche Arbeit ohne Gegenleistung!
Hospitationen bieten wertvolle Eindrücke
Ganz klar: Das muss sich niemand gefallen lassen, der über eine einschlägige Ausbildung und relevante praktische Erfahrung verfügt. Trotzdem muss niemand sofort die Bewerbung zurückziehen. Sagen Sie besser: „Drei Tage Probearbeit? Ich brauche nur einen Tag, um Ihnen zu zeigen, wie gut ich bin!“ Sollte sich der Arbeitgeber nicht darauf einlassen, ist das sein Pech – und nicht umgekehrt. Schließlich befinden wir uns Zeiten, in denen viele Branchen unter einem Fach- oder sogar Arbeitskräftemangel leiden.
Eine deutlich bessere Alternative zur Probearbeit ist eine Hospitation. Der Unterschied besteht darin, dass ein Bewerber nicht aktiv mit anpackt, sondern den potentiellen Kollegen im Arbeitsalltag über die Schulter schaut. Davon können beide Seiten sehr profitieren. Oft reicht dafür schon ein Arbeitstag aus, und selbst der muss nicht zwingend in Vollzeit absolviert werden. Gerade für Bewerber sind diese Eindrücke oft sehr wertvoll, um sich zu einer Zu- oder Absage durchzuringen.
Leistungsfähigkeit durch Aufgaben testen
Daneben gibt es viele Positionen, in denen weder Probearbeit noch Hospitation wirklich weiterhelfen. Das betrifft vor allem Führungspositionen. Kein Geschäftsführer-Bewerber kann ein Unternehmen mal eben eine Woche zur Probe leiten. Deswegen greifen Arbeitgeber oft auf die Möglichkeit zurück, ihren Bewerbern Aufgaben zu geben, um ihre Leistungsfähigkeit besser beurteilen zu können.
Dabei gibt es genügend seriöse Ansätze, um an Arbeitsproben zu kommen. Im Kern geht es darum, Aufgaben zu stellen, die mit den Produkten oder Dienstleistungen eines Arbeitgebers nichts zu tun haben. Möchte man zum Beispiel die Organisationsfähigkeit im Projektmanagement feststellen, könnte man einen Bewerber bitten, auf dem Reißbrett einen imaginären Kindergeburtstag zu planen. Das ist völlig in Ordnung, solange sich der Arbeitgeber eben nicht darauf spezialisiert hat, Kindergeburtstage zu organisieren.
Stellenausschreibungen als Fake
Richtig problematisch wird es allerdings, wenn Arbeitsproben unmittelbar in Verbindung zur zukünftigen Tätigkeit stehen. Ich kenne zahlreiche Fälle, in denen es nur darum ging, eine lästige Arbeit erledigen zu lassen oder einen Unternehmensberater zu sparen, als jemanden einstellen zu wollen. Die Stellenausschreibung ist in solchen Fällen ein Fake, was überraschend häufig nicht erkannt wird. Wahrscheinlich liegt es daran, dass nicht wenige Bewerber einfach viel zu gutgläubig sind.
Nur fünf konkrete Beispiele:
- Ein Geschäftsführer eines Branchenverbandes forderte einen Bewerber nach einem zweiten Vorstellungsgespräch an einem Montagabend per E-Mail dazu auf, bis zum folgenden Dienstag um 16.00 Uhr ein Social Media-Konzept zu erstellen.
- Für eine Stelle in der Unternehmenskommunikation wurde ein Bewerber darum gebeten, eine konkrete Presseerklärung zu formulieren, die er dann drei Wochen später in einer Zeitung las.
- Ein Arbeitgeber forderte eine Grafik-Designerin dazu auf, eine Stunde lange Bilder mit Photoshop zu bearbeiten, um so zeigen, was sie draufhabe.
- Ein Programmierer wurde von einem potentiellen Arbeitgeber gebeten, einen komplexen Code zu schreiben, was ihn mehrere Stunden beschäftigte.
- Ein Business Development Manager sollte vorab ein spezifisches Vertriebs- und Kooperationskonzept präsentieren – mit einer schriftlichen Ausführung, die er dem Arbeitgeber zur Verfügung stellen sollte.
Erstellen Sie keine detaillierten schriftlichen Konzepte
Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, dass es in den allermeisten Fällen nicht darum geht, eine Stelle zu besetzen. Seriöse Arbeitgeber werden alles vermeiden, auch nur den Eindruck zu erwecken, dies könnte so sein. Bei allen anderen ist die einfachste Lösung deutlich zu kommunizieren, dafür nicht zur Verfügung zu stehen. Oder spielen Sie das Spiel mit, in dem Sie an vielen Stellen nur Andeutungen machen und bewusst vage bleiben.
Achten Sie vor allem darauf, keine schriftlichen Ausführungen Ihrer Arbeitsproben zu überlassen. Eine Präsentation halten Sie stets vor Ort und niemals digital. Benutzen Sie nur Ihren eigenen Laptop. Bitten, die Präsentation vorab per E-Mail zuzusenden, in der Cloud zu teilen oder auf einem USB-Stick auszuhändigen, lehnen Sie freundlich aber entschieden ab. Sollte die Arbeitgeberseite auch nur einen Hauch unfreundlich reagieren, haben Sie den finalen Beweis für deren unlautere Motive.
Klagen Sie ein branchenübliches Honorar für Ihre Arbeitsproben ein
Darüber hinaus verfügen Bewerber aber noch über eine weitere wirksame Waffe. Eine erfahrene Rechtsanwältin berichtete mir, dass eine solche Arbeitsleistung immer vergütet werden muss. Wenn nicht über das Gehalt im Angestelltenverhältnis, dann mit einem branchenüblichen Beraterhonorar. Der Verweis auf ein angebliches oder tatsächliches Bewerbungsverfahren entbände den Arbeitgeber nicht von der Pflicht, das Honorar zu bezahlen.
Das gilt vor allem dann, wenn Bewerber die Aufgabe zur Abgabe von Arbeitsproben schriftlich erhalten haben oder aber deren Erhalt schriftlich bestätigen. Allerdings sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass kaum ein Arbeitgeber ohne ein Gerichtsverfahren von sich aus zur Einsicht käme, die Rechnung bezahlen zu müssen. Immerhin, so die Rechtsanwältin, stünden die Chancen in solchen Fällen für klagende Bewerber meist ziemlich gut.
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